Amber Sadoor | März 2018
Quelle: www.dertrickser.de
"Erkennen Sie sich wieder?"
Auf meinem Couchtisch lag ein iPad auf dem ein Video lief, das mich mit stierem Blick von vorn zeigte.
"Es wurde mit ihrer Laptop-Kamera aufgenommen", erklärte der Mann, der sich zwei Minuten zuvor an meiner Haustür als Robert Kern vorgestellt hatte, das Offensichtliche. Ich fühlte mich ertappt, betäubt und betrogen. Sie mussten meinen Rechner angezapft haben und mir wurde schwindlig bei dem Gedanken, was sie wohl alles über mich wußten. Neben diesem Video. Mein Laptop war meine Kommunikationszentrale, meine Hirn-Erweiterung, mein Safe für mein Innerstes. Sie hatten ihn geknackt.
"Sie erinnern sich sicherlich an diesen Tag?"
Übelkeit stieg in mir auf. Das Blut, das erst noch vor Scham ins Gesicht gestiegen war, wich aus meinem Kopf. Ich schloß die Augen, lehnte mich vorsichtig ins Kissen und hört mein Herz unnatürlich laut rasen.
Natürlich erinnerte ich mich. Es war DER Tag. Der Tag als Frank mich anrief, mir diesen einen Tip gab und ich sofort die Aktie kaufte, nachdem ich in den Wochen zuvor mein Kreditlimit bei allen drei Banken aufs Maximum erhöht hatte sowie diverse Assets zu Liquidität gemacht hatte und mir in freien Minuten ausmalte, was ich mit dem Gewinn anstellen würde. Jetzt saß ich in meiner Villa mit meinem 15.000-Euro-Couchtisch, und als ich die Augen öffnete zeigte das Video mein Gesicht in einem kleinen und einen Mitschnitt meiner Kauforder im großen Bildausschnitt.
"Insiderhandel" sagte Robert und ergänzte lakonisch "...bleibt natürlich unter uns, wenn Sie diesen USB-Stick in Müllers Büro für mindestens 45 Sekunden an seinen Rechner stecken."
Meine Gedanken überschlugen sich, doch klar war: ich würde nicht nur mein Haus, meinen Ruf und meine Kinder ihr Studium verlieren, wenn ich nicht mitspielte, sondern ein paar Jahre im Knast verbringen.
"Gier ist gut" ergänzte mein neuer Freund. Er nahm sein iPad an sich, legte den billigen USB-Stick auf den teuren Couchtisch und ging den Weg zurück, den wir gekommen waren. Ich hörte die Haustür zuschlagen, während ich schwer atmend mit der Couch zu einem Wirbel aus Gedanken, Gefühlen und einem Geschmack nach sterbendem Holz verschmolz.
Es war dunkel im fensterlosen Flur und sie hatte es soeben geschafft, seine Gürtelschnalle zu öffnen. Ihre Hände suchten in seiner Hose nach seinem festen Hintern, ihre Zunge forderte an seinen Lippen Einlaß und ihr Becken drängte sich an seinen schnell hart werdenden Penis. Er atmete schwer. Seine Hände suchten Halt, während sie ihn gierig zurückdrängte. Sie fielen mehr durch die Schlafzimmertür als sie gingen und landeten unkoordiniert in seinem Bett: ihr zierlicher Körper fiel unerwartet massig auf seinen. Sie ließ ihm keine Zeit und hatte halb auf ihm liegend ihre Rechte in die Hose geschoben, seinen Ständer hart gepackt und bereits aus der Hose geschält. Die kühle Luft machte ihm Lust genau wie ihr Griff, mit dem sie fordernd und fast übergriffig heftig seine Vorhaut hoch und runter schob, so daß er fast panisch beide Hände einsetzte, um sie zu bremsen. Er bekam seine Pause, weil sie sich aufrichtete, um ihr Jacket und ihre Bluse auszuziehen, unter der sie nichts trug und ihre Hose, die sofort einen Blick auf ihr sorgsam frisiertes Schamhaar freigab. Im durchs Fenster fallenden Stadtlicht fixierte sie seine Augen, während sie sich mit ihrer Linken zwischen die Beine fuhr, ihre Schamlippen spreizte, mit dem Mittelfinger ihren empfindlichsten Punkt umkreiste, nur um sich gleich darauf die duftenden Finger abzulecken. Diesem Ausmaß gieriger Geilheit konnte er nur staunend und wie hypnotisiert zuschauen. Sie ergriff seine Hosenbeine, zog, er hob das Becken, und als sein Unterleib endlich nackt war, bestieg sie ihn sofort, schob auf ihm sitzend seinen Schwanz in ihre heiße, feuchte Muschi und begann, ihn mit geschlossenen Augen rhythmisch auszusaugen.
Sie schnitt die Muschel vom steinigen Meeresboden, als sie eine Veränderung spürte: Ihr Atemzug blieb ohne Antwort. Erschrocken griff sie sich ins Gesicht, doch natürlich berührte ihre Hand die Atemmaske, die seit ihrem Tauchgang die ganze Zeit dort gewesen war. Sie begriff schnell, dass eine Entscheidung nötig würde. In dieser Tiefe keine Luft zu kriegen, konnte ihren Tod bedeuten. Auch der dritte und vierte Atemversuch schlugen fehl. Es strömte einfach keine Luft aus der Flasche. Sie zog den rechten Arm aus dem Gurt und dann den linken, nahm die Flasche in Augenschein, soweit das mit der Stirnlampe in dieser Tiefe möglich war, drehte am offenen Ventil, wackelte am Schlauch, klopfte auf jene Stellen, an denen sie sich Probleme vorstellen konnte, doch nichts geschah. Ein Hauch von Panik erschlich sie. Sie brauchte Luft. Luft! Luft war oben. Sie sah nach oben und konnte gerade so die Oberfläche des Ozeans erahnen, doch sie wußte zugleich: wenn sie zu schnell aufstieg konnten ihre Adern platzen, ihre Lunge reißen. Doch hier unten war sie ohne Luft in wenigen Minuten tot. Sie schlang die Gurte der Flasche erneut um die Schultern, schnitt sich das Netz mit den Muscheln vom Körper und begann mit starken Beinbewegungen einen rasanten Aufstieg. Lange Sekunden waren durch ihren Techniktest vergangen und Blut war ihr drückend in den Kopf gestiegen. Ihre Lunge sog erneut nach Luft, doch nur der Widerstand einer dicht verschlossenen Tür war die erdrückende Antwort. Die unerfüllte Gier nach Sauerstoff vernebelte ihr Hirn. Wut machte sich bemerkbar, und Zweifel an ihren Kräften. An Land hätte man Tränen aus ihren Augen laufen sehen können. Und während die Sekunden vergingen und das Licht der Oberfläche langsam näher kam, stach ihr ein Schmerz ins linke Stirnhirn, der ihre Lunge ein erneutes, erschrecktes Einatmen versuchen ließ. Ergebnislos. Sie wollte sich die Maske vom Gesicht ziehen, doch der Rest an Ratio im Kopf erinnerte sie, dass auch außerhalb der Maske nicht jener Stoff zu finden sein würde, den ihr Körper brauchte. Luft! Mehr Luft! Luuuuufffft!
Er hatte sich verliebt. Das war jetzt nicht verwunderlich, sowas passierte halt. Doch Körper und Geist waren zu einem purzelbaumartigen Wesen mutiert. Er schlief kaum, wachte alle zwei Stunden auf und der erste Gedanke galt ihr. Wenn er morgens gerädert aufwachte, war es nicht anders. Wusch er sich das Gesicht, putzte die Zähne oder deckte den Frühstückstisch waberte die Konzentration in jeder kleinen Denkpause zum Objekt seiner Begierde. Sie! Er checkte im Minutentakt sein Telefon, denn jederzeit hätte eine unbemerkte Nachricht auftauchen können. Und schlug sich vor die Stirn ob seines Verhaltens, das selbst ihm selbst seltsam erschien. Als hätte ein närrischer Dämon von ihm Besitz ergriffen. Eine Art "diabolo eros", oder wie auch immer Lateinkundige das nennen würden, hatte ihn besetzt und besessen und ihm die Gier in den Alltag gemeißelt. Das ging nun schon seit 4 Wochen so. Er fragte einen Freund, ob dieser eine Pille dagegen kenne, aber er hörte nur, das ginge in 6 Wochen bis 6 Monaten von alleine wieder weg, sobald die Hormone rausgewaschen wären. 6 Monate!? Er suchte nach Ablenkung und doch sog ihn die Gier regelmäßig in dieses Punktstrahlerbewusstsein zurück, dass auf dieses wunderschöne, alles überstrahlende, perfekte und dennoch unerreichbare Wesen fokussierte. Fuck!
Sie rasierte sich die Beine, wie sie es jeden morgen zu tun pflegte. Wie üblich war sie dafür und für all die anderen Tagesvorbereitungen um 4 Uhr aufgestanden. Sie würde sich in jene perfektionierte Rolle begeben, in der sie jeder im Haus kannte. Die üblichen 12 Stunden im Büro würde sie Aufgaben delegieren, Netzwerke knüpfen, Strategien ersinnen, Leute anrufen und dabei ihr ganz eigenes Projekt verfolgen. Sie wollte hoch hinaus und dafür war ihr so ziemlich alles recht. Ihren Narzissmus akzeptierte sie wie eine besondere Fähigkeit, die sie voranbrachte. Sie hatte das immer mit Flügeln verglichen, die ihr durch diese Eigenschaft gewachsen waren, mit denen sie eine Himmelsstufe nach der nächsten klettern konnte. Wohin der Weg führte war ihr nicht so wichtig, höher zu steigen als die anderen dafür umso mehr. Wettbewerb war ihre Lust, besser zu sein ihr Kokain, Fairness eine ignorierbare Hürde und wo konnte man dies besser zusammenbringen als in der Politik? Heute würde sie ihren größten Widersacher endlich auflaufen lassen. Sie hatte über Monate Fäden gesponnen, Geschichten erzählt, dezenten Psychoterror gestreut und sich auf die nächste Eskalationsstufe vorbereitet. Heute würde sie ihren wichtigsten Trumpf auf den Tisch legen und sich damit "um den Jackpot bewerben", wie sie es nannte. Sie empfand sich nicht als gierig. Sie nahm sich nur, was ihr zustand.