Amber Sadoor | Oktober 2017
Quelle: www.dertrickser.de
3-Zimmer Altbau.
Modern eingerichtet.
Sie im Wohnzimmer.
Entspannt ausgeleuchtet.
Frucht der Siebziger.
Ihr Sohn schläft.
Endlich.
Zeit für mich.
Erschöpft fällt sie ins weiche Sofa.
Kurz fallen die Lider.
Schon klopft die Einsamkeit.
Wie jeden dieser Abende.
Der Kopf geht an.
Wie auf Knopfdruck.
Oszilliert zwischen Wein im Kühlschrank der nahen Küche
und Whatsapp im iPhone.
Süchtig.
Nach Alkohol.
Und menschlicher Nähe.
Nähe, die kein Kind ist.
Sondern Augenhöhe, Austausch, Halt.
Die Hand greift zur Maschine.
Streichelt sie mechanisch, um das Tor zu öffnen.
Das Tor zu den anderen.
Die anderswo sind.
Bindungsversuche.
26 Buchstaben und eine Handvoll Zeichen.
Jedes pling ein kurzer Hormonstoß.
Liebe in Dosen.
Verpackt in Bits.
Geliefert digital. Körperlos.
Manchmal mit schönen Bildern.
Drapierte Fassaden.
Unfassbar.
Sie kann nicht raus.
Hängt in dieser Zwischen-Welt.
Nicht tot, doch limitiert lebendig.
Ihr Sohn braucht sie.
Glaubt sie.
Und hasst ihn manchmal dafür. Wie sich.
Und alte Entscheidungen.
Der Weg zum Kühlschrank.
Vergessen.
Sie wartet.
Worauf?
Fügung, glückliche.
Sie stopft alles Leben in die seltenen Tage,
wo das Kind beim Vater ist.
Lebt.
Findet intensiv.
Sucht.
Wonach?
Augenhöhe, Austausch, Halt.
Echte Freundschaft.
Quentchen Liebe.
Schmerz.
Schmerzt der Körper, spürt sie, dass sie am Leben ist.
Grenzen sind zum Testen da.
Nachdenken macht Angst.
Jedes pling ein kurzer Stoß von Hoffnung.
Digitale Antidepressiva.
Gegen Seelen-Schmerz.
Und Einsamkeit.
Fast wie Wein.
Der sie entspannt.
Den Fernseher an.
Betäubung.
Simulierte Wirklichkeit.
3-Zimmer Albtraum.
Modern eingerichtet.
Noch 10 Jahre.
Oder so.